Schnell Verantwortung übernehmen – 6 Stufen

Hintergrund und Einleitung

Ich beziehe mich in diesem Beitrag auf den Responsibility Process, wenn ich von der Leiter der Verantwortung spreche. Verantwortung übernehmen wird hiermit gut beschrieben. Der Responsibility Process, von Christopher Avery entwickelt, ist eine wirkungsvolle Methode zur Förderung von Verantwortlichkeit und Selbstführung. Basierend auf Erkenntnissen der angewandten Psychologie und Verhaltensforschung, stellt dieses Konzept eine praktische Anleitung dar, wie wir mit Verantwortung umgehen.

Avery beschreibt die Grundprinzipien dieses Modells eingehend in seinem Buch “The Responsibility Process”(Affiliate Link – WERBUNG). Obwohl es in der Praxis weit verbreitet ist, ist es wichtig zu betonen, dass es möglicherweise nicht die gleiche umfassende wissenschaftliche Unterstützung wie etablierte Theorien aufweist. Die Anwendung dieses Konzepts profitiert von einem Verständnis seiner theoretischen Grundlagen und der individuellen Unterschiede. Der Responsibility Process liefert wertvolle Einsichten für die Förderung von Verantwortungsbewusstsein und persönlicher Entwicklung in verschiedenen Kontexten.
Starten wir mit einem meiner Lieblingszitate:

Between stimulus and response there is a space. In that space is our power to choose our response. In our response lies our growth and our freedom.

Steven Covey
Schnell Verantwortung übernehmen – 6 Stufen

Ich finde, dass es dieses Zitat sehr gut auf den Punkt bringt. Wenn wir mit einem Problem, Herausforderung und/oder einem Reiz konfrontiert werden, dann liegt es an uns persönlich OB und WIE wir reagieren. Die Stufen der Leiter werden immer und bei jedem von uns in Sekundenbruchteilen in unserem Gehirn durchlaufen. Uns dessen klar zu sein, kann helfen, um bewusster zu entscheiden.

Die Stufen der Leiter Verantwortung

Leugnen

Die Stufe des Leugnens im Responsibility Process ist ein subtiler, jedoch entscheidender Schritt auf der Reise zur Verantwortungsübernahme. Hierbei geht es nicht darum, Schuld auf andere abzuwälzen, sondern vielmehr darum, das Problem selbst zu ignorieren. Es ist eine Phase der Selbsttäuschung, in der wir uns vor der Realität verschließen und uns weigern, Verantwortung für unsere Handlungen oder die vor uns liegenden Herausforderungen zu übernehmen.

In dieser Stufe könnten wir uns in einer Art Blindheit für unsere eigene Rolle in einer Situation befinden. Indem wir das Problem leugnen, versuchen wir, uns vor möglichen Konsequenzen zu schützen oder uns mit unangenehmen Realitäten auseinanderzusetzen. Es ist ein Schutzmechanismus, der es uns ermöglicht, uns vorübergehend von der unangenehmen Wahrheit zu distanzieren.

Die Herausforderung in dieser Phase besteht darin, sich bewusst zu machen, dass das Leugnen keine langfristige Lösung ist. Es erfordert Selbstreflexion und den Mut, sich den Realitäten zu stellen. Der Übergang von der Stufe des Leugnens zu höheren Verantwortungsstufen beginnt oft mit der bewussten Entscheidung, die Realität anzuerkennen und sich aktiv mit den eigenen Handlungen auseinanderzusetzen.

Beschuldigen

Die Stufe des Beschuldigens im Responsibility Process markiert eine Phase, in der wir versuchen, die Verantwortung für unser Handeln auf externe Faktoren oder andere Personen zu übertragen. Anstatt die Ursachen für eine Situation in uns selbst zu suchen, neigen wir dazu, Gründe und Ausreden außerhalb unserer Kontrolle zu suchen.

Es ist eine Phase der Selbstrechtfertigung, in der wir versuchen, unser eigenes Verhalten vor uns selbst und anderen zu erklären. Dies geschieht oft durch das Hervorheben von äußeren Umständen, die angeblich unsere Handlungen beeinflusst haben, oder durch das Zuweisen von Schuld an andere Personen oder Ereignisse.

Die Herausforderung besteht darin, sich bewusst zu machen, dass das Beschuldigen eine kurzfristige Strategie ist, die langfristig nicht hilfreich ist. Indem wir die Verantwortung auf andere übertragen, entziehen wir uns der Möglichkeit, aktiv Einfluss auf unsere Situation zu nehmen. Der Übergang von der Stufe des Beschuldigens zu höheren Verantwortungsstufen erfordert Selbstreflexion und die Bereitschaft, die eigene Rolle in einem Geschehen anzuerkennen und konstruktiv damit umzugehen.

Rechtfertigen

Die Stufe des Rechtfertigens im Responsibility Process ist eine Phase, in der wir versuchen, unser eigenes Verhalten vor uns selbst zu legitimieren. Hier suchen wir nach Erklärungen und Gründen für unsere Handlungen, um uns von einem möglichen Schuldgefühl zu befreien. Es ist eine Form der Selbstüberredung, in der wir versuchen, unsere Entscheidungen in ein positives Licht zu rücken.

Während wir auf dieser Stufe verweilen, neigen wir dazu, unsere Handlungen als notwendige Reaktionen auf bestimmte Umstände darzustellen. Dies kann dazu dienen, unser Ego zu schützen und unsere Selbstwahrnehmung positiv zu erhalten. Infolgedessen bleiben wir in einem Kreislauf der Rechtfertigung gefangen, der es uns erschwert, die volle Verantwortung für unsere Handlungen zu übernehmen.

Die Herausforderung besteht darin, sich bewusst zu machen, dass das Rechtfertigen eine temporäre Entlastung darstellt, die jedoch langfristig nicht zu einer konstruktiven Veränderung führt. Der Übergang von der Stufe des Rechtfertigens zu höheren Verantwortungsstufen erfordert Selbstreflexion und die Bereitschaft, ehrlich mit sich selbst über die eigenen Entscheidungen und Handlungen umzugehen. Es markiert den Weg zu einer tieferen Verantwortungsübernahme und persönlichen Entwicklung.

Schämen

Die Stufe des Schämens im Responsibility Process ist eine Phase der Selbstkonfrontation, in der wir uns mit unserem eigenen Fehlverhalten auseinandersetzen. Hier erkennen wir an, dass unsere Handlungen nicht den eigenen Standards entsprechen und ein Gefühl der Schuld oder Unzulänglichkeit entsteht.

Während dieser Phase fühlen wir uns oft unangenehm berührt oder beschämt durch unsere eigenen Entscheidungen. Diese Selbstreflexion kann dazu führen, dass wir uns in Frage stellen und unsere Fähigkeit zur Verantwortungsübernahme infrage stellen. Es ist ein Moment der tiefen persönlichen Auseinandersetzung.

Die Herausforderung auf dieser Stufe besteht darin, die Scham nicht als Endpunkt, sondern als Ausgangspunkt für positive Veränderungen zu betrachten. Anstatt sich von Schuldgefühlen überwältigen zu lassen, bietet die Scham die Möglichkeit, die eigenen Werte zu reflektieren und zu erkennen, dass Veränderung möglich ist.

Verpflichtung

Die Stufe der Verpflichtung im Responsibility Process markiert einen entscheidenden Wendepunkt auf dem Weg zur Verantwortungsübernahme. In dieser Phase erkennen wir an, dass Veränderung möglich ist, und wir verpflichten uns aktiv dazu, eine konstruktivere Handlungsweise zu verfolgen.

Nach der Auseinandersetzung mit Scham und Selbstreflexion entscheiden wir uns bewusst, eine Veränderung herbeizuführen. Dies kann den Beginn eines persönlichen Engagements darstellen, unsere Handlungen zu verbessern und die Kontrolle über unsere Reaktionen zu übernehmen. Die Verpflichtung entsteht aus dem Verständnis, dass wir die Fähigkeit besitzen, bewusstere Entscheidungen zu treffen.

Die Herausforderung besteht darin, diese Verpflichtung nicht nur als vorübergehende Phase zu sehen, sondern als Ansporn für langfristige Veränderungen. Es erfordert einen klaren Blick auf die eigenen Werte und Ziele, um die Motivation aufrechtzuerhalten und eine positive Entwicklung einzuleiten.

Verantwortung

Die Stufe der Verantwortung im Responsibility Process repräsentiert den Gipfel dieser Entwicklung. Hier nehmen wir bewusst und aktiv Verantwortung für unsere Handlungen und Reaktionen. Es ist der Punkt, an dem wir die volle Kontrolle übernehmen und uns als Gestalter unseres eigenen Schicksals sehen.

In dieser Phase erkennen wir nicht nur an, dass Veränderung möglich ist, sondern wir übernehmen die Initiative, um die gewünschten Veränderungen herbeizuführen. Wir sind uns unserer Macht bewusst, bewusste Entscheidungen zu treffen, und akzeptieren die Konsequenzen, die damit einhergehen.

Die Stufe der Verantwortung ist geprägt von Selbstempowerment, Selbstbestimmung und einem klaren Bekenntnis zu persönlichem Wachstum. Hier steht nicht nur die Anerkennung eigener Fehler im Vordergrund, sondern auch die aktive Suche nach Lösungen und die kontinuierliche Entwicklung als Individuum. Die Suche nach Ursächlichkeiten und nachhaltigen Lösungen liegt hier im Mittelpunkt.

Der Übergang zur Stufe der Verantwortung ist nicht nur ein Endpunkt, sondern auch der Beginn eines kontinuierlichen Zyklus der Selbstführung und persönlichen Weiterentwicklung. Es ist die Fähigkeit, bewusst und proaktiv auf Herausforderungen zu reagieren und sich als aktiver Gestalter des eigenen Lebens zu verstehen.

Praktische Beispiele für Verantwortung übernehmen

Sehen wir uns einmal ein Beispiel aus dem Leben an

Beispiel_01: Der gestresste Alex kann Verantwortung übernehmen

Angenommen, Alex arbeitet in einem anspruchsvollen Job mit straffen Fristen und einem hohen Arbeitsaufkommen. In einer herausfordernden Woche, die von vielen Projekten und engen Zeitplänen geprägt ist, beginnt sich der berufliche Stress auf Alex auszuwirken.

  1. Leugnen: Anfangs neigt Alex dazu, die wachsenden Anzeichen von Stress zu ignorieren. Er übergeht Müdigkeit und Frustration, schiebt sie auf die temporäre Arbeitsbelastung und tut so, als sei alles unter Kontrolle.
  2. Beschuldigen: Mit steigendem Druck fängt Alex an, äußere Faktoren für seinen Stress zu verantworten. Er beschuldigt die übermäßige Arbeitsmenge, das unklare Projektmanagement und sogar Kollegen, die angeblich nicht genug beitragen.
  3. Rechtfertigen: Um sein eigenes Wohlbefinden zu schützen, rechtfertigt sich Alex. Er denkt, dass diese Arbeitsbelastung temporär ist, dass der Erfolg des Projekts seine Anstrengungen rechtfertigen wird, und dass es normal ist, in stressigen Phasen mehr zu arbeiten.
  4. Schämen: Nach einer Weile beginnt Alex zu erkennen, dass seine bisherige Bewältigungsstrategie nicht nachhaltig ist. Er fühlt sich überfordert und schämt sich dafür, dass er nicht früher erkannt hat, wie sehr ihn der Stress beeinflusst.
  5. Verpflichtung: In dieser Phase trifft Alex eine bewusste Entscheidung zur Veränderung. Er verpflichtet sich dazu, seine Arbeitsweise zu überdenken. Dies beinhaltet die Planung von Pausen, den Abbau unrealistischer Erwartungen und die Suche nach Unterstützung durch Kollegen oder einen Vorgesetzten.
  6. Verantwortung: Schließlich übernimmt Alex die volle Verantwortung für seine Stressbewältigung. Er entwickelt langfristige Strategien, um Work-Life-Balance zu pflegen, setzt klare Grenzen bei der Arbeitsbelastung und sucht aktiv nach Möglichkeiten, um Stress vorzubeugen.

Dieses Beispiel verdeutlicht, wie der Responsibility Process in der Realität funktionieren kann, wenn es um die Bewältigung von beruflichem Stress geht. Es zeigt den Weg von der Anfangsleugnung bis zur bewussten Verantwortungsübernahme und gibt Einblick in den Prozess der persönlichen Entwicklung.

Beispiel_02: Druckertoner ist aufgebraucht – auch Sarah kann Verantwortung übernehmen

Nehmen wir an, dass Sarah in einem Großraumbüro arbeitet, das von einem hohen Druckaufkommen geprägt ist. In einer hektischen Woche, in der mehrere wichtige Berichte ausgedruckt werden müssen, stellt sie fest, dass der Druckertoner fast aufgebraucht ist.

  1. Leugnen: Anfangs ignoriert Sarah die Warnzeichen des niedrigen Druckertoners. Sie denkt, dass sie den aktuellen Auftrag mit dem verbleibenden Toner noch bewältigen kann und dass es nicht so dringend ist.
  2. Beschuldigen: Mit zunehmender Frustration über die schlechte Druckqualität beginnt Sarah, externe Faktoren zu beschuldigen. Sie ärgert sich über die Kollegen, die den Drucker vor ihr benutzt haben, und beschuldigt sogar das Büromanagement, nicht ausreichend für Druckerversorgung gesorgt zu haben.
  3. Rechtfertigen: Um ihren Ärger zu minimieren, rechtfertigt Sarah die Situation. Sie denkt, dass die Drucksituation vorübergehend ist und dass sie die Berichte trotzdem rechtzeitig fertigstellen kann, selbst wenn der Druckertoner knapp ist.
  4. Schämen: Nachdem mehrere Ausdrucke unscharf und fleckig sind, erkennt Sarah, dass die Rechtfertigungen nicht mehr ausreichen. Sie schämt sich, dass sie die Dringlichkeit der Situation nicht früher erkannt hat und dass ihre Nachlässigkeit zu Qualitätsverlust geführt hat.
  5. Verpflichtung: In dieser Phase entscheidet sich Sarah aktiv, die Situation zu verbessern. Sie verpflichtet sich dazu, rechtzeitig neuen Druckertoner zu bestellen und die Arbeitsweise des Büros in Bezug auf den Verbrauch von Büromaterial zu überdenken.
  6. Verantwortung: Schließlich übernimmt Sarah die volle Verantwortung für die Drucksituation im Büro. Sie entwickelt langfristige Maßnahmen, um den Tonerbestand zu überwachen, setzt klare Kommunikationswege für solche Angelegenheiten und sucht aktiv nach Wegen, um die Druckerversorgung im Büro zu optimieren.

Dieses Beispiel zeigt, wie der Responsibility Process auf eine alltägliche Bürosituation angewendet werden kann, angefangen bei der Leugnung bis hin zur proaktiven Übernahme von Verantwortung und Implementierung von langfristigen Lösungen.

Zusammenfassung

Die Leiter der Verantwortung umfasst 6 Stufen:

Verantwortung übernehmen
  • Leugnen,
  • Beschuldigen,
  • Rechtfertigen,
  • Schämen,
  • Verpflichten und
  • Verantwortung.

Alle Stufen werden in unserem Kopf durchlaufen. Wir entscheiden selbst wie wir handeln und können jederzeit auf jeder Stufe aussteigen. Besonderheiten:

  • ab Beschuldigen akzeptiere ich, dass es ein Problem gibt
  • ab Rechtfertigen akzeptiere ich, dass es was mit mir zu tun haben könnte
  • ab Verpflichten werde ich aktiv, um etwas zu ändern
  • ab Verantwortung handle ich aus Überzeugung und Motivation etwas nachhaltig ändern zu wollen.

Ich persönlich mag in dem Zusammenhang die Frage:

Was kann ICH hier tun?

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